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Kapitel 13

Der Plan

Weil es Ivens' und Helle-Lenes Aufgabe war, sich ein Boot zu beschaffen, sollt Ihr nun helfen und ein Boot bauen!  − Ein Papierschiffchen.
Hier findet Ihr einen Vordruck, der, wenn Ihr richtig faltet, sogar Namen und Heimathafen richtig ausweist!

Papierschiffchen Anleitung

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„Steig ein, wies ich Helle-Lene Styggen an. Wir rudern an die Gefion heran. Meinen Plan erzähle ich dir während unserer Überfahrt!“.

Sie vertraute mir blind. Was blieb Ihr auch übrig? Selbst ohne Idee, die Sache zu einem Ende zu bringen, tat sie, was ich Ihr sagte. Ich warf mich in die Riemen und versuchte, trotz aller Kraftanstrengung, leise zu rudern.

Wenn, so mein Plan, die Gefion davon abhängig war, dass sie im Zweifel aus der Bucht geschleppt werden musste, um gesichert ins Königreich zurückzukommen, mussten wir dafür sorgen, dass dies vereitelt wurde. Ich hatte vor, uns so nah wie möglich an dieses Schiff der dänischen Marine heranzurudern. Helle-Lene-Styggen sollte dann an Bord krabbeln und mit unserer zusammengesetzten Waffe die Seile anschneiden, die die Fregatte an die Dampfschiffe binden sollten, um sie in Sicherheit zu bringen. Helle-Lene hatte eine Vorstellung von dem Schiff, im Groben war Ihr seine Konstruktion verraten worden. Wenn es uns gelang, eine der Geschützpforten zu erreichen, könnte sie sich daran hochziehen und durch die feindliche Luke unbemerkt zu den Schleppseilen schleichen und sie manipulieren. Was für ein Glück, dass Helle-Lene so klein und zäh war  − nur dadurch konnte der Plan gelingen. Und nur, wenn wir ungesehen an das Schiff herankämen und wenn sie an Bord käme und wenn der Wind seinen Beitrag leisten würde….

Die „Wenns und Undnurs“ beachteten wird nicht. Ich ruderte mit ganzer Kraft gegen den eiskalten Wind an. Die Gefion schien unendlich weit entfernt. Aber wenn man etwas wirklich will, dann schafft man das auch und so näherten wir uns unserem Ziel mit jedem Ruderschlag.

Fregatte Gefion Tatsächlich wurden wir immer noch in Dunkelheit gehüllt. Das riesige dreimastige Schiff lag ruhig. Ich steuerte unsere Nussschale ganz eng an den hölzernen Rumpf der Fregatte und so gut es ging an eine der Geschützpforten heran. Helle-Lene Styggen machte sich ganz groß, um mit den Fingerspitzen den Holzrahmen zu erreichen. „So komme ich da nicht ran!“, ihre Stimme klang ratlos. Ich legte das Ruder ab, kletterte zu Ihr nach vorne und wies Ihr, sich auf meine gekreuzten Handflächen zu stellen. Sie setzte einen Fuß auf meine Händeleiter, nahm kurz mit dem anderen Bein Schwung, unser kleines Boot schaukelte bedrohlich, aber sie erreichte die Luke und zog sich mit einem schweren Atemzug hinauf in das Innere des Schiffs.

Kaum war sie verschwunden, glitt ein Lichtschein von oben am Schiffskörper entlang. Die Wachen machten ihre Runde. Ich war mucksmäuschenstill und der Lampenschein verschwand.

Ich musste warten. Die wenigen Minuten wurden zu einer Ewigkeit. Ihr war doch nichts passiert? Wo blieb sie denn? Gerade als ich nach Ihr flüstern wollte, zeigte sich Ihr strohblonder Kopf an der Luke. „Ich komme jetzt zurück!“, kündigte sie an und selbst im Dunkeln konnte ich Ihr zufriedenes Lächeln sehen. Doch gerade, als sie sich auf das Ruderboot zurückgleiten lassen wollte, streifte mich wieder der Lampenschein, ich tat einen kräftigen Ruderschlag weg von der Gefion, Helle-Lene glitt hinter meinem Rücken aber leider außerhalb des Bootes ins bitterkalte Wasser und über mir hörte ich eine gefährliche Stimme brüllen: „He, wer da?“ – Die Wache hatte mich entdeckt.

Ich überlegte nicht, ich improvisierte und rief auf Dänisch:

„Ich bin Ivens Eibe-Lund. Meine tote Mama (Gott sei ihrer Seele gnädig, schon allein, weil sie mich Dänisch gelehrt hatte!) war Anhängerin unseres königlichen Herrn. Das Unglück hat mich hier unter Deutschen gehalten und nun möchte ich für morgen bei euch anheuern. Ich will zurück nach Hause, nach Dänemark und vorher hier den Deutschen ordentlich den Arsch versohlen!“ Der Wachmann hielt die Öllampe nun so, dass sie mir von ganz oben herab das Gesicht leicht umriss. Außer mir war deutlich sichtbar niemand und nichts im Boot. Von oben ertönte dröhnendes Gelächter. Ein zweiter Matrose hatte sich zum Wachmann gesellt. „Er will dem Feind den Arsch versohlen  − Han vil skohorn fjendens!  − Dette er storartet!“ Was so viel bedeutet wie: „Das ist ja großartig!“ Ich hörte noch einige belustigte Gluckser, dann rief er hinab: „Du bist ja ein richtiger Hurensohn, kleiner Mann!“  − woraufhin ich mich artig bedankte: „Vielen Dank Herr, aber Sie kannten meinen Vater nicht!“. Der Mann über mir konnte sich vor Lachen kaum halten: „Er nennt mich ‚Herr‘ und seinen deutschen Vater einen Hurensohn  − ist schon gut, Bürschchen, du bist richtig! Aber im Kampf können wir hier keine Kinder gebrauchen. Ruder zurück an Land und sieh dir beim Morgengrauen das Schauspiel an! Und wenn du dann immer noch zurück ins Königreich willst, springe in dein kleines Boot und komm zurück, bevor wir die Bucht verlassen! Aber jetzt troll dich, bevor ein Leutnant kommt und DIR den Arsch versohlt!“

Damit wendete er sich ab, der Lampenschein verlor mich als Ziel und ich setzte den ersten Ruderschlag an. „Warte, bis wir ganz im Dunkeln verschwunden sind!“, raunte ich Helle-Lene Styggen zu. Dann, als ich meinte, die Gefahr entdeckt zu werden, sei vorüber, half ich Ihr, sich in das schaukelnde Boot zu ziehen  − damit das Boot nicht kentert über das Heck. Das Wasser war bitterkalt und Helle-Lene Styggen blau wie ein Karpfen am Weihnachtsabend. Ich gab Ihr meine Jacke und ruderte uns zurück ans Ufer.

Als wir das Ufer erreichten, dämmerte der Morgen. Nun würde es bald losgehen. Das letzte Stück Brot teilte ich mit Helle-Lene Styggen am Ufer mit Blick auf das, was bald zum dramatischen Schauplatz werden würde. Wir blickten den jungen Morgen des 5. April an, als hätten wir ihn selbst erschaffen. Er war unschuldig und friedlich, unbeschadet und unversehrt und heute erscheint mir fast unmöglich, in welches Fegefeuer sich kurz darauf die ganze Bucht verwandeln sollte. Ich nehme vorweg: Es war uns nicht gelungen, die Schlacht zu verhindern.

5680 mal feuerte die dänische Marine auf die Schanzen. Nur 900 mal konnten die Schanzen erwidern − allerdings zum Teil auch mit glühenden Kugeln. Wie durch ein Wunder, wurden die Deutschen Kämpfer nicht besiegt. Warum die Dänen sich nicht eines besseren besannen und freiwillig den Rückzug antraten, ist unklar. Stattdessen führten sie bockig ihren Angriff fort und tatsächlich wurde die dänische Flotte gleichsam in die Knie gezwungen. Unzählige Berichte und ebenso viele Bücher werden zum Gefecht von Eckernförde geschrieben werden. Vor allem wird man in diesen Schriften immer zu klären versuchen, warum es den dänischen Kämpfern nicht gelang, ihre Kriegsschiffe zu retten, obwohl die Dampfschiffe sie aus der Bucht hätten schleppen sollen. Im Großen und Ganzen werden sich die Geschichtsschreiber und Marineforscher darauf verständigen, dass eine deutsche Kanonenkugel die Schlepptrosse der Gefion durchtrennt habe – Unsinn! Wie Ihr besser wisst, denn wie sollte so etwas gelingen?!?

Das Gefecht wurde so oft beschrieben, dass ich mir hier die Einzelheiten erspare. Fakt ist, dass Relikte der dänischen Marine an verschiedenen Stellen in Eckernförde, wie es heute heißt, immer noch zu sehen sind in Erinnerung der Geschehnisse vom 5. April 1849. Eine Schlacht, die vor allem moralischen Wert hatte; militärisch-strategisch blieb das Gefecht bedeutungslos. Blutvergießen haben wir nicht verhindert (105 Dänen und 5 Deutsche sind gefallen), wohl aber den Sieg der Dänen in der Eckernförde Bucht. Wir sahen Soldaten, lebend und tot, Deutsche und Dänen, gezeichnet von Kampf und Angst. Helle-Lene sollte mich später fragen: „Könntest du die Soldaten ohne Uniformen unterscheiden?“ und ich werde sagen: “Nein, ohne Uniform sehen sie fast aus wie Brüder.“

Aber wohin jetzt mit uns? Nachdem die deutsche Seite gewonnen hatte, hätte es für zwei Kinder mit deutlich dänischen Namen leicht unbequem werden können in dieser Stadt. Ich wollte zurück ins Elersche Pastorat, Helle-Lene-Styggen zurück in ihre Heimat irgendwo bei Flensburg. Flensburg war weit. Es lagen viele Wälder und Felder zwischen hier und dort und ein Blick auf das Mädchen zeigte mir, dass sie die Nacht im Wasser nicht gut verdaut hatte.

Sie klapperte immer noch am ganzen Leib; die Haut hatte ihre leicht bläuliche Färbung nicht verloren. Ich konnten sie nicht allein lassen. Also versprach ich Ihr, sie zu begleiten, bis sie wieder voll zu Kräften gekommen sei. Mein Ziehvater konnte wohl noch ein paar Tage ohne mich sein.

Also wendeten wir uns ab und machten uns auf den Weg.

Welchen Weg sind Ivens und Helle-Lene gegangen?
Erinnert euch an die Karte, die Ihr im Pastorengang gesehen habt!
Wie heißt das Gewässer, das sich auf der dem Geschehen des 5. April 1849 abgewandten Seite der Eckernförder Halbinsel befindet?
Folgt der nach ihm benannten Straße zu eben diesem Gewässer!

Der Name leitet sich aus dem Dänischen ab, ist mit dem englischen Wort „narrow“ für „eng“ verwandt und bedeutet so viel wie „Haff“ oder „Strandsee“.
Er bezeichnet im Norden Schleswig-Holsteins (Südschleswig) in der Regel einen durch eine schmale, enge Öffnung von einem größeren Gewässer fast vollständig abgetrennten, seeartigen Teil.
Auf der Karte von Braun/Hogenberg befindet sich das große Gewässer − die Ostsee − auf der rechten Seite, das Gewässer, das wir suchen, ist links unten zu erkennen (allerdings nicht beschriftet). Historischer Stadtplan von Eckernförde

Das Gewässer ist das Windebyer Noor.
Hier die Karte für euren nächsten Wegabschnitt über die Noorstraße zum Windebyer Noor.